Übernahme oder Neugründung?

Ist der Wunsch, in die Niederlassung zu gehen erst einmal geboren, dann kommt die Zeit der tausend Fragen nach dem „Wie“. Eine der dringlichsten Fragen gleich zu Beginn ist wohl: „Soll ich eine eigene Praxis neu gründen, oder eine bestehende Ordination übernehmen?“

Lesen Sie hier, wie Sie die richtige Entscheidung treffen:
Eines gleich vorweg: Rein finanziell ist es immer ein Vorteil, eine bestehende Ordination zu übernehmen, wenn der Preis stimmt. Steht daher eine Praxisübernahme zur Diskussion, so gilt es vorrangig eine solide Bewertung der gegenständlichen Ordination vorzunehmen.

Der Preis macht die Musik

Der Kaufpreis einer bestehenden Praxis setzt sich aus zwei Komponenten zusammen. Das ist einmal der ideelle Praxiswert und zum zweiten der materielle Wert der Praxisausstattung.

Der ideelle Praxiswert

Dieser wird vor allem durch den Wert des Patientenstockes bestimmt. Die diesbezügliche Ablöse ist Verhandlungssache und hängt im Wesentlichen vom Honorarvolumen ab. Auf dem Markt, der in den einzelnen Bundesländern mitunter sehr unterschiedlich ist, hat sich hier das sogenannte Umsatzmultiplikationsverfahren etabliert. Dabei wird der ideelle Wert in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom Durchschnittsumsatz der letzten drei Jahre festgelegt. Hinsichtlich der Höhe des Prozentsatzes ist vor allem entscheidend, inwieweit der Patientenstock überhaupt bestehen bleiben wird.

Zudem spielen folgende Faktoren eine Rolle:
• Ist ein nahtloser Übergang gegeben oder könnten sich die Patienten in einer zwischenzeitlichen Schließungszeit „verlaufen“?
• Wurden vom Vorgänger besondere Leistungen angeboten, die Sie nicht anbieten wollen oder können? Z.B. Kieferorthopädie, Kieferchirurgie etc.
• Wo liegt die Praxis? Besteht ein großes Einzugsgebiet? Befinden sich die Räumlichkeiten in einem guten Stadtviertel? Besteht Barrierefreiheit oder sind aufwendige Adaptierungen notwendig?
• Wie hoch ist die voraussichtliche Miete? Besteht überhaupt die Möglichkeit in den bestehenden Mietvertrag einzusteigen?
• Gibt es Abfertigungsansprüche des zu übernehmenden Personals?

Der materielle Praxiswert

Hier geht es um den Wert der Praxisausstattung. Dazu sollte das Anlageverzeichnis des Vorgängers vorgelegt werden. Aus diesem lässt sich der ungefähre Zeitwert der übernommenen Wirtschaftsgüter ermitteln.

In die Bewertung fließen folgende Faktoren ein:
• Inwieweit sind die vorhandenen Geräte notwendig und weiterhin nutzbar?
• Müssen Geräte neu gekauft werden und wenn ja zu welchem Preis?
• Was würde die Neueinrichtung der Ordination kosten?

Auf Grund des Ärztemangels und den vielen freien Kassenstellen sind die Übernahmepreise in letzter Zeit mancherorts stark gesunken, womit die Übernahme einer bestehenden Praxis rein finanziell in der Regel vorteilhaft ist.
Neben dem finanziellen Aspekt hinsichtlich des Gründungsinvestments gibt es zudem noch weitere Vorteile, die für die Übernahme einer bestehenden Struktur sprechen, wie folgt:

Vorteile der Praxisübernahme:

• Ein bestehender Patientenstock steht für eine Umsatzgarantie von Beginn an.
• Meist ist gut eingeführtes Personal vorzufinden, welches die Gepflogenheiten in der Praxis und die Eigenheiten der Patienten kennt.
• Es besteht die Möglichkeit der Unterstützung und Einführung durch den Praxisübergeber.

Aber es gibt auch Nachteile und mitunter ist zum aktuellen Zeitpunkt auch gar keine entsprechende Ordination zur Übernahme zu finden. Oft ergibt sich daher die Notwendigkeit einer Neugründung, welche ebenso aber auch ihre Vorteile hat wie folgt:

Vorteile der Neugründung

• Die Ordination kann nach eigenen Vorstellungen gestaltet werden.
• Sie können frei Mitarbeiter/innen rekrutieren, die Ihnen entsprechen.
• Eine Ablösezahlung für eine eventuell suboptimale bzw. veraltete Ausstattung fällt weg.
• Sie können Ihren eigenen Stil von Anfang an frei entwickeln und Ihre Linie durchziehen.

Selbstverständlich liegen damit nun auch die Nachteile einer Neugründung auf der Hand:

Nachteile der Neugründung

• Es ist kein Patientenstock vorhanden. Dieser sowie auch die zugehörige die Patientenkartei müssen erst erarbeitet werden.
• Die Frage der Akzeptanz der Ordination bei Patienten und Zuweisern ist ungewiss.
• Die Personalsuche kostet Zeit und Nerven.
• Es ergeben sich höhere Anfangsinvestitionen und höhere Finanzierungskosten der Anlaufkosten bei oft längerer Anlaufzeit.
• Der ersten beiden Punkte führen insbesondere bei Wahlarztordination zu einem verstärkten Marketingaufwand.
• Aus den vorgenannten Punkten ergib sich somit insgesamt ein höheres finanzielles Risiko.

Resümee

Keine Praxisgründung und keine Praxisübernahme gleicht der anderen. Für die richtige Entscheidung ist eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Rentabilitätsberechnung die beste Grundlage. Einschlägige Branchenerfahrung ist hier von unschätzbar hohem Wert. Lassen Sie sich daher von Ihrem MEDTAX-Steuerberater einen Praxisgründungsplan erstellen und fordern Sie unsere Checkliste an.